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Moussa Kone

Moussa Kones Aktivitäten beschränken sich nicht nur auf Zeichnungen und Installationen. Er beschäftigt sich auch mit Produktions- und Rezeptionsbedingungen von Kunst. Im Jahr 2004 gründete er mit dem Schriftsteller Erwin Uhrmann die Kunstwerft mit deren anfänglich belächeltem Projekt der „Kunstklappe“ sie auch international zu unerwarteter Berühmtheit gelangten. Inspiriert vom Saliera-Raub installierte man nach dem Vorbild der Babyklappe bei Krankenhäusern in der Wiener Myrthengasse die Kunstklappe, die Kunsträubern die Möglichkeit geben sollte, gestohlene Werke anonym zurückzugeben.

Die anonyme Kunstrückgabe war eine Weiterentwicklung des – genehmigten, ja gewünschten – Kunstklaus. Vor Jahren stellte die Werftgalerie während jeder Vernissage in einer Nische an der Außenmauer Kunst zum Stehlen bereit. Grund war das Interesse an der Art, wie Kunstobjekte zirkulieren. Kaum erstaunlich, dass die Nische immer rasch leer geräumt wurde.

Respekt in der Kunstszene verschaffte sich die „Kunstwerft“ auch mit ihrem von einer Kritikerjury verliehenen „Art Critics‘ Award“. Schon während des Studiums war die Idee von der Kritik an der Kunstkritik entstanden. Moussa Kone begann Seminare anzubieten über „Schreiben über Kunst“ und konzipierte später gemeinsam mit dem Schriftsteller Erwin Uhrmann diese Auszeichnung für über Kunst Schreibende. Dieser Preis basierte nicht auf dem Gedanken, dass hier die Künstler Rache am Kritiker üben sollten. Im Gegenteil. Durch den Preis sollte die Stimme des Kritikers wieder mehr Gewicht bekommen und die Kunstrezeption aufgewertet werden. Wer, wenn nicht die Künstler selber, sollten Kunstkritik bewerte?

rumours  from  groundcontrol (3C75)

Vier Jahre lang hat Moussa Kone in der Frohner-Klasse an der Angewandten „machistisch-expressiv“ malen gelernt: expressiv, mit vielen Farbspritzern. „Große Gesten waren der Trend in der Klasse, aber irgendwann ist auch in der Wildheit ein Muster zu erkennen. Da mach ich’s lieber gleich offensichtlich musterhaft.“ Seinen Namen als ‚wilder Stricher‘ hat sich der Künstler inzwischen mit fein konstruierten Zeichnungen gemacht. Er tauschte den großen, fetten Pinsel ein „gegen das Kleinste, was es gibt: eine 0,25 mm dünne Feder, die es mir erlaubt, ­diese fein konstruierten Zeichnungen anzufertigen. … Zu zeichnen habe ich begonnen, um mit meinem Studium endgültig abzuschließen“, erklärt er seine aufwendige Technik. „Ich wollte einfach nach meinem Diplom genau das Gegenteil von dem machen, was ich in der Malereiklasse getan habe und habe begonnen, mit vielen Strichen zu arbeiten.“

Schwarz und Weiß sind die beiden Hauptfarben seiner Arbeiten. Nur manchmal mischt er auch ein wenig Aquarellfarbe darunter und lenkt den Blick des Betrachters auf einzelne Details im Bild. Sein Material ist echte, pigmentierte Tusche mit der er in vielen Stunden z.B. einen Nachthimmel zu Papier bringt, den nur die Strahlen eines Feuerwerkskörpers durchbrechen.

Seine Arbeit hat mit Schriftstellerei zu tun. „Als ich zu zeichnen begonnen habe, war es mir auch sehr wichtig, dass es dem Schreiben nahekommt. In dem Sinn, dass das, was du niederschreibst, sich vorher schon in deinen Gedanken formuliert hat,“ sagt er.

In seinen Blättern konstruiert Moussa Kone immer Identitäten und Welten, strichelt versch(r)obene Realitäten. Seine Arbeiten erscheinen auf den ersten Blick simpel.  „Manche Leute kreiden mir genau das an und empfinden meine Arbeiten als zu illustrativ, plakativ oder banal.“ Allerdings, so einfach auch der Zugang zu Kones Zeichnungen erscheinen mag, so können sie doch auf vielen Ebenen gelesen werden. Seine Geschichten erzählt er ebenso ironisch wie humor- und liebevoll und erst ein zweiter Blick eröffnet woraus sich das so vermeintlich Banale des Bildes eigentlich zusammensetzt.

Ornamenthaftigkeit und Symmetrie spielen eine zentrale Rolle in seinen Arbeiten. Sie halten die Kompositionen seiner Bilder zusammen, während die darin erzählten Geschichten immer zu kippen scheinen, mit Unvorhergesehenem konfrontieren, Ordnungen subversiv sprengen. Immer wieder finden sich scheinbar unvollendete Blätter. „Mein Zeichnen ist wie ein nicht geschlossenes System. Manche Zeichnung wäre allzu schön, würde ich sie vollenden. Aber um die Zeichnung im Kopf fertigzudenken, braucht es oft gar nicht mehr. Und das Ornamentale ergibt sich ohnehin automatisch, weil die Zeichnungen so fein ausgeführt sind“, sagt er.

Eine Leerstelle gibt es allerdings, die konsequent mit Sinn besetzt ist: Das ist die Figur im Allgemeinen – meist menschliche Körper, manchmal auch Tiere, die im Unterschied zu den oft dicht schraffierten Kulissen stets möglichst reduziert gezeichnet sind – und das Gesicht im Besonderen: Das menschliche Gesicht ist in allen Zeichnungen Moussa Kones konsequent ausgespart. Es zeichnet sich weder durch Mimik noch durch Gesichtszüge aus. Und genau hier, bei der Figur, beginnt im Grunde die Inhaltlichkeit dieses auf den ersten Blick so nah am Ornament und der Erzählung angesiedelten Œuvres. Hier ist auch ihr kritisches Potenzial angesiedelt. Denn im Kern ist Moussa Kones Arbeit zutiefst engagiert und an gesellschaftlichen Zusammenhängen interessiert – auch wenn sie sich mit ihrem Hang zum Ornamentalen, statt mit dem Holzhammer daherzukommen, lieber dem Missverständnis der Schönheit aussetzt.

„Meine Figuren haben alle keine Gesichter, weil sie keine Individuen darstellen. Die Gesichtslosigkeit ist wie ein Spiegel, ein Platzhalter für die Maske des Gesichts. Damit werden die Figuren zu Stellvertretern für Zusammenhänge, die über die Story des Einzelnen hinausgehen.“ Aufs Ganze bezogen kann so eine rhythmisierte Ansammlung gesichtsloser Köpfe von der Hand des Zeichners am Ende durchaus schon einmal im buchstäblich sinnentleerten Fliesenmuster einer Wand verdoppelt werden. (J. Hofleitner)

In der Ausstellung rumours  from  groundcontrol (3C75)zeigt Moussa Kone eine Auswahl von Zeichnungen seiner en pointe Serie: kleine, beinahe konstruktivistisch anmutende Tuschezeichnungen mit gesichtslosen Balletttänzerinnen als zentrales Gestaltungselement. Kone nutzt hier die Tänzer und Tänzerinnen als Sinnbilder für Dressur, die Ausrichtung des Körpers nach vorgefassten Mustern. Er denkt darüber nach, innerhalb welcher Muster und Vorgaben wir uns bewegen. Kone ist fasziniert von der Tatsache, dass sich Menschen „ein Vokabular antrainieren“. Die scheinbare Leichtigkeit der Tänzerinnen bedingt extreme Körperkraft.

Ganz andere räumliche Vorstellungen transportiert Moussa Kones aus dem Jahre 2007 stammende, großformatige (150x140) Zeichnung Atlas, der Darstellung eines gesichtslosen Mannes, der eine riesige weiße Blase auf seinen Schultern trägt. Beide scheinen im luftleeren, schwarzen Raum zu schweben.   

Die ausgestellten Blätter der diary Serie sind Moussa Kone at his best: hintergründige, manchmal surreale Geistesblitze gebannt mit Feder und Tusche. Trotz ihrer ungemeinen Ideenvielfalt und überbordenden Fantasie vermitteln diese Bilder niemals den Eindruck von einer anderen Welt zu sein. Vielmehr scheinen sie so etwas wie ein Zerrspiegel unseres alltäglichen (realen) Lebens zu sein, ohne ins karikaturistische oder illustrierende abzugleiten. Sie erzählen nicht und dennoch sprechen sie zu uns, sie fesseln zwar aber verlieren wird man sich kaum darin, halten sie doch stets gekonnt, ebenso wie eine virtuose Tänzerin, das Gleichgewicht zwischen Identifikation und kritischer Distanz.

 
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